Inhalt

Einleitung
Allgemeine Regeln
Zahl-Reim-System
Zahl-Form-System
Raum-System
Zahl-Wort-System
Literatur und Links

Mnemotechnik – Einleitung

Alle, was uns als Menschen auszeichnet – Sprache, Denken, Kultur oder Erkenntnis – beruht auf der Fähigkeit, Erinnerungen abzuspeichern und abzurufen. Durch ein Ereignis oder einen bestimmten Gedanken werden in unserem Gedächtnis Erinnerungen geweckt, deren wir uns dann plötzlich wieder bewußt sind. Was fällt Dir beispielsweise spontan ein, wenn Du das das Wort “schwarz” liest?

 
Schwarz-Weiß

Den meisten Menschen wird nun “weiß” in den Sinn kommen. So ist es in vielen alltäglichen Situationen: eine bestimmte Sache wird mit einem anderen Gedanken blitzschnell automatisch in Verbindung gebracht (z.B. klein – groß, schwer – leicht). Diese natürliche Arbeitsweise des Gehirns kannst Du sehr gut benutzen, um Informationen abrufbereit im Gehirn zu speichern. Dazu musst Du lernen, Assoziationen bewußt zu kontrollieren. Eine Assoziation ist nämlich nichts anderes als eine gedankliche Verknüpfung zweier Dinge im Gehirn.

Die Mnemotechnik (=Merktechnik) basiert genau auf diesem Prinzip. Man schafft sich spezielle Anker in Gedächtnis, an welche man die zu merkende Information anhängt. Ein Software-Entwickler würde es auch so erklären: “im Gehirn werden Variablen deklariert, um Speicherplatz fürdie einzulesende Information bereitzustellen”. Auf diesen Speicherplätze kann dann Information jeden Typs abgelegt werden.
Die verschiedenen Systeme der Mnemotechnik unterscheiden sich eigentlich nur in der Art und Weise wie diese Speicherplätze angelegt werden.

In der Regel wird im Gedächtnis eine Grundstruktur “geschaffen”, deren Elemente bildhaft als Anker angesehen werdenkönnen. Diese Anker werden später mit der neu aufzunehmenden Information verknüpft. Solche Merksysteme ermöglichen es, innerhalb kürzester Zeit eine Liste von Elementen im Gehirn abzuspeichern. Anschließend können die Informationen praktisch in beliebiger Reihenfolge wiedergegeben werden. Zudem lassen sich die Systeme fast beliebig erweitern.

Es ist relativ leicht, solch ein System zu erlernen. Im folgenden stelle ich einige einfache Techniken vor.


Allgemeine Regeln

Bevor es mit den eigentlichen Techniken losgeht, noch einige allgemeine Hinweise! Wenn Du sie beachtest, erhöhen sich die Erfolge der einzelnen Mnemosysteme. Die Grundregeln müssen nicht unbedingt eingehalten werden, sie haben sich in der Praxis jedoch als äußerst effektiv erwiesen.

  • Interesse wecken
    Wenn Du Dir etwas merken möchtest, wird es Dir um so leichter fallen, je mehr Du an dieser Sache interessiert bist! Es ist daher ein wirkliches Interesse an der einzuprägenden Information zu wecken. Dazu kannst Du Dir Fragen stellen. Warum will ich mir das merken? Was passiert, wenn ich mich erfolgreich daran erinnere? Wozu kann ich die Information noch verwenden? usw. Nutze die Fragewörter: Was? Warum? Wo? Wann? Wie? Wer?
    Dadurch erhälst Du ein Verständnis für den Sachverhalt. Gleichzeitig solltest Du nach Verbindungen zu bereits vorhandenem Wissen suchen. Auf diese Weise findest Du zusätzliche Anker, die Dir das Merken erleichtern.
    Falls die Information sehr “trocken” sein sollte oder Du “gezwungenermaßen” lernst, ist es sehr wichtig, Dich selbst zu motivieren. Denn mit einer negativen Lerneinstellung, wird sich Dein Gehirn gegen die Aufnahme neuer Informationen wehren.

  • Alle Sinne nutzen
    Um sich Informationen besser einzuprägen, solltest Du alle Sinne einbeziehen. Auf diese Weise wird die Information viel intensiver wahrgenommen. Zudem werden zusätzliche Anknüpfungspunkte gebildet, was die Wahrscheinlichkeit des späteren Erinnerns erhöht. Um diese Möglichkeiten voll auszuschöpfen, sollten die Sinne regelmäßig trainiert werden.
    Du kannst gelegentlich die Augen schließen, um ganz bewußt die Geräusche oder Gerüche in der Umgebung wahrzunehmen. Schärfe Deine Beobachtungsgabe, indem Du Deine Augen schließst und dann ganz genau das zuletzt gesehene Bild im Geiste zu rekonstruierst. Mit der Zeit wirst Du in der Lage sein, auch scheinbare Nebensächlichkeiten zu erkennen! Achte auch auf Deine körperlichen Bewegungen.
  • Gefühle
    Ziehe Gefühle mit in die vorgestellte Situation mit ein. Wie fühlst sich Dein Bild an? Emotionen spielen eine Schlüsselrolle beim Speichern und Abrufen von Erinnerungen. Jede Erinnerung wiederum aktiviert automatisch die daran gekoppelten Emotionen.
  • Bildliche Vorstellung
    Stelle Dir die zu merkende Information bildlich vor. Konstruiere Dir ein im wahrsten Sinnes des Wortes merkwürdiges Bild, indem Du übertreibst, Farben nutzt sowie Bewegungen und Geräusche mit einbeziehst. Das Bild soll dabei ruhig absurd sein, lasse Deiner Phantasie freien Lauf ! Je einmaliger die vorgestellte Situation, desto leichter läßt sie sich später wieder abrufen.


Das Zahl-Reim-System

Dieses System ist sehr schnell und leicht zu lernen. Man benötigt vielleicht gerade mal 15 Minuten, um erste Erfolge damit zu erzielen. Es demonstriert die Anwendung und Leistungsfähigkeit von Merktechniken hervorragend.

Bei dieser Technik wird für jede Zahl von 1-10 ein Merkwort gelernt. Jedes Merkwort wird dann praktisch so wie ein Kleiderbügel benutzt:
Es lassen sich Informationen an dieses Merkwort anhängen, indem eine Assoziation zwischen Merkwort und dem entsprechenden Sachverhalt bildlich hergestellt wird. Soll etwas anderes gemerkt werden, stellt man sich in Verbindung mit dem jeweiligen Merkwort einfach eine neue Assoziation vor.

Kommen wir zu den Merkwörtern. Sie müssen zunächst als die erforderliche Grundlage sorgfältig eingeprägt werden. Das System heißt “Zahl-Reim”-System, weil die Merkworte sich auf die jeweilige Zahl reimen sollen. Es können beliebige Worte gewählt werden, meine persönlichen Merkwörter für dieses System sind:

  • Eins = Schwein
  • Zwei = Hai (Geweih)
  • Drei = Brei
  • Vier = Bier
  • Fünf = Strümpf
  • Sechs = Hex
  • Sieben = Riemen (Rüben)
  • Acht = Wacht
  • Neun = Scheun
  • Zehn = Ren

Einige Worte reimen sich nicht so gut oder sind etwas verstümmelt, aber ich persönlich kann damit gut leben. Falls Du mit meinen Merkworten nicht zurecht kommst, suche Dir ruhig eigene, die Du Dir besser vorstellen kannst. Es geht einzig und allein darum, daß Du Dir das entsprechende Wort leicht und detailliert bildlich vorstellen kannst. Lasse Deiner Phantasie freien Lauf !

Jetzt musst Du Dir die Merkwörter gut einprägen. Gehe sie immer wieder durch, zähle in Deinen Reimworten, vorwärts und rückwärts. Stelle Dir jedes Reimwort dabei bildlich vor. Variiere auch Farbe und Größe. Wenn Du Deine Merkworte beherrschst, kannst Du das System schon anwenden. Du bist in der Lage, Dir zehn Informationen einzuprägen, und in beliebiger Reihenfolge (d.h. vorwärts, rückwärts oder wahlfrei) abzurufen. Alles was Du tun musst, ist, eine Assoziation zwischen dem Reimwort zu der einzuprägenden Information herzustellen.

Angenommen an vierter Stelle soll das Wort “Taschenuhr” gemerkt werden. In diesem Fall stellst Du Dir bildlich vor, wie die gold-glänzende, tickende Uhr langsam in ein Bierglas gleitet, und plötzlich ist das Ticken nicht mehr zu hören. Auf diese Weise kannst Du Dich sehr leicht wieder erinnern, wenn Du Dich fragst, was mit dem Bier geschehen ist. Um die Information abzurufen stellst Du Dir also nur das Reimwort für die entsprechende Zahl (=Bier) bildlich vor und natürlich siehst Du sofort wieder die versinkende “Taschenuhr”.

Das System läßt sich folgendermaßen trainieren: Nimm eine Zeitung, wähle einen beliebigen Artikel aus und versuche, die ersten zehn Hauptworte zu merken. Lege dann die Zeitung weg und schreibe die Worte auf. Das Ergebnis kannst Du selbst feststellen. Versuche auch einmal, die Worte nach einigen Stunden zu reproduzieren. Ich bin sicher, Du kannst es!


Das Zahl-Form-System

Dieses System funktioniert von Prinzip her genauso wie das Zahl-Reim-System. Die Merkworte reimen sich jedoch nicht auf die jeweilige Zahl, sondern sie besitzen eine ähnliche Form wie die geschriebene Zahl. Zur Anschaulichkeit habe ich eine kleine Zeichnung erstellt:

 
Zahl-Form-System

Denke Dir ruhig eigene Bilder aus, meine Zeichnung soll nur zur Veranschaulichung dienen! Die einzelnen Merkworte sind wiederum als stabile Basis im Gehirn zu verankern! Um bestimmte Sachverhalte einzuprägen, werden sie einfach mit dem jeweiligen Merkwort assoziiert.
Nochmals der Hinweis: stelle Dir die Verknüpfung bildlich vor, nutze alle Sinne (Farben, Gerüche, Geräusche, Bewegung, usw.). Konstruiere Dir ein merkwürdiges Szenario. Um die Information später abzurufen, brauchst Du wirklich nur das feste Basiswort vor Deinem geistigen Auge zu betrachten.


Das Raum-System (Loci-System)

Das Raum-System (auch Loci-System), ist ebenfalls einfach und effizient. Man schafft sich im Gedächtnis einen persönlichen Raum, den man individuell gestalten kann. Das kann z.B. das Wohnzimmer zuhause sein. Dieser Raum kann immer wieder neu verwendet werden, er stellt sozusagen den Speicherplatz dar, der immer wieder neu beschrieben und gelöscht werden kann.

Die zu memorierende Information wird in diesem virtuellen Raum plaziert. Um die gespeicherten Dinge wieder abzurufen, spaziert man in Gedanken durch den wohlbekannten Raum. Auf dieser Wanderung werden die abgelegten Informationen automatisch ins Bewußtsein gelangen!
Zunächst geht es einmal darum, einen solchen Raum im Gedächtnis zu verankern. Informationen können erst memoriert werden, wenn man in Gedanken eine klares Bild seines Raumes wahrnehmen kann. Daher sollte man sich diesen Raum ganz bewußt nach seinen individuellen Wünschen gestalten. Zeichne Dir einen Grundriss. Richte den Raum dann nach Deinem persönlichen Geschmack ein.
Male ihn auf Papier, auch aus verschiedenen Perspektiven! Spaziere in Gedanken durch diesen Raum, präge Dir jedes Detail ein! Nutze alle Sinne! Hörst Du Klänge? Gibt es Gerüche? Wie fühlen sich die einzelnen Sachen an?

Nimm Dir Zeit, diesen Raum in allen Einzelheiten wahrzunehmen und spaziere in Gedanken immer wieder hindurch. Seie nicht ungeduldig! Es kann einige Tage dauern, bis Du ein klares Bild von Deinem Mnemo-Raum hast. Sie wirst ihn später für den Rest Deines Lebens effizient nutzen können, und im Vergleich dazu ist die “Einrichtungsphase” doch ziemlich kurz, oder?
Sobald der Raum im Gedächtnis abrufbar ist, können Informationen im Raum abgelegt werden. Stelle Dir bildlich vor, wo das zu Erinnernde in diesem Raum plaziert ist.

Möchtest Du Dir beispielsweise eine Einkaufsliste einprägen, und beabsichtigst Du Eier, Milch, und Äpfel zu besorgen. Dann könnten die Bilder so aussehen :

- Du spazierst durch den Raum und trittst auf ein zerbrechliches Ei, das sich auf dem Boden befand. Dein kostbarer Teppich ist hinüber!

- Im Aquarium leuchtet der Goldfisch vor einem weißen Hintergrund, denn statt Wasser befindet sich heute Milch darin.


- An der Wand hängt neben Deinem Lieblingsbild die Zeichnung eines saftigen, knackig-grünen Apfels.

Wenn Du solche Assoziationen nutzt, wirst Du garantiert nichts mehr vergessen! Im Laufe der Zeit wird sich der Umgang mit dem persönlichen Raum stetig verbessern und bald wirst Du die Fähigkeit besitzen, beinahe beliebig viele Dinge in ihm unterzubringen.


Das Zahl-Wort-System (Major-System)

Dieses System ist etwas für Fortgeschrittene. Es ist ein sehr mächtiges System, erfordert jedoch ungleich mehr Aufwand für das ‘Legen der Basis’ als die zuvor beschriebenen sehr leicht zu erlernenden Techniken. Dieses ausgesucht intelligente und effektive System, Wörter in Zahlen zu verwandeln, ist eine Errungenschaft indischer Kultur. In Europa ist es seit dem 17. Jahrhundert bekannt. Die spezielle Aufteilung der konsonantischen Laute, die ich hier benutze, stammt von Aimé Paris (1825). Sie ist heute die international gebräuchlichste.

Die Grundidee des Systems ist es, die Ziffern der einzelnen Merkpositionen durch konsonantische Laute zu ‘ersetzen’, um so einen bildhaften Anknüpfungspunkt im Gedächtnis zu schaffen.Das Ersetzen der Ziffern geschieht nach einer festen Austauschregel. Diese Eigenschaft hilft später auch, einzelne Merkworte zu rekonstruieren.

In der untenstehenden Tabelle sind die Austauschregeln zusammengefasst:


Ziffer Buchstabe
1 d,t
2 n
3 m
4 r
5 l
6 sch, ch, tsch, g (weich), j
7 k, ck, g (hart)
8 f, v, w, pf
9 b, p
0 s, z, ß


Wichtig ist hierbei, nicht nur auf die Buchstaben zu sehen, sondern Laute zu verstehen. Jedem konsonantischen Laut wird durch die Tabelle eindeutig eine Ziffer zugeordnet. Jedem Wort wird dann über die Folge seiner konsonantischen Laute eindeutig eine Zahl zugeordnet. Es sei noch einmal betont, dass es um den gesprochenen Laut geht – in der Tabelle befindet sich zum Beispiel das g sowohl unter 6 als auch unter 7. Als 6 ist es zu werten, wenn es weich gesprochen wird, wie zum Beispiel in ‘Charge’, und als 7 wenn es hart gesprochen wird, wie in ‘Gong’.

Mehl = 35 (M =3, eh keine Bedeutung, l = 5)
Müller = 354
Müllerin = 3542

Die Zuordnung erfolgt über die Aussprache und nicht über die Orthographie:

Otto = Hütte = Hut = 1

In der Regel berücksichtigt man nur eine bestimmte Anzahl von Stellen:

Bernstein = Paranuß = Brunnen = 942 ( dreistellig)
Pullover = Ballspiel = Polen = 95 (zweistellig)
Berlin = Puma = Popocatepetl = 9 (einstellig)

Eine ausführlichere Darstellung des Zifferncodes, seines historischen Hintergrundes und seiner systematischen Bedeutung gibt Ulrich Voigt in Esels Welt. Eine Liste mit 1000 Schlüsselwörtern, die nach den obigen Regeln konstruiert sind, gibt Tony Buzan in dem Buch ‘Nichts vergessen!’ Beide Titel sind unten unter Links aufrufbar.

Hier gibt es ein Beispiel, wie man sich mit diesem System die ersten 102 Nachkommastellen der Zahl Pi merken kann. Es gibt auch einen guten Eindruck für die Verwendung des Systems.

Links und Literatur

Bücher

Esels Welt. Mnemotechnik zwischen Simonides und Harry Lorayne
von Ulrich Voigt

Kopftraining
von Tony Buzan

Nichts vergessen
von Tony Buzan

Mind Mapping und Gedächtnistraining
von I.Svantesson


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